Mein Leben mit Maskenpflicht

Gerade mal eine Woche lang leben wir nun in Deutschland alle mit der Maskenpflicht, um eine weitere Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern. Eine Woche, in der wir alle unser Gesicht hinter einem Stück Stoff verbergen müssen, wenn wir ein Geschäft betreten oder die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen.

Ich muss sagen, bislang scheint der Umgang miteinander dadurch noch nicht zu leiden. Ich hatte ja befürchtet, dass wir uns alle miteinander noch ein wenig fremder werden, wenn wir unser Gesicht verbergen müssen. Doch bisher erlebe ich noch sehr viel Menschlichkeit, Zugewandheit, zuweilen auch Humor – „Wo haste denn deine Maske? Du kannst doch net einfach ohne Maske aus dem Fenster rausgucke!“ hab ich heute zum Beispiel einen Mann aus der Fußgängerzone zu einer Bekannten rufen hören, die von oben auf die Einkaufsstrasse geschaut hat.  –  Bisher ist die Maske noch Ausnahmezustand. Aber die Fremdheit kann auch ein schleichender Prozess sein, je nachdem wie lange der Zustand anhält. Die Zukunft wird es zeigen.

Eines kann ich aber jetzt schon sagen. Das Leben mit Maske mag ich mir nicht als Dauereinrichtung vorstellen. Ich, jedenfalls, habe meine Last damit. Nicht nur, dass dass mir andauernd die Brille beschlägt und ich nichts mehr sehen kann. Ich ringe in den ersten Minuten nach dem Aufsetzen nach Luft und schwitze wie verrückt unter diesem zusätzlichen Stück Stoff; und wir haben noch keinen Sommer.

Heute riss ich mir die Maske wegen des dringenden Bedürfnisses nach mehr Atemluft noch im Hinausgehen aus dem Gemüseladen runter. Auf der anderen Straßenseite lachte eine Frau laut auf, wohl auch aufgrund meiner Mimik, die der einer befreiten Geissel geglichen haben muss. Für einen Moment wurden wir zu einer verschworenenen kleinen Gemeinschaft. Wenig später wiederum lachte ich herzlich, als ein Fahrradfahrer mit seiner Maske kämpfte, die ihm von einem Ohr herunterbaumelte. Er nestelte daran herum und musste schließlich erstmal absteigen, um seine Gesichtsbekleidung zu richten. Wir hatten beide gemeinsam Spaß. – Nun, man muss ja erst mal den Umgang mit dem ungewohnten Kleidungsstück lernen.

Überhaupt Umgang. Als ich nach langen Lieferschwierigkeiten endlich stolze Besitzerin zweier medizinischer Masken war und mir die Erläuterung zum hygienisch einwandfreien Umgang mit denselben durchlas, war mir sofort klar: Das schaffst Du nie! Wie, bitte schön, soll ich, bepackt mit allerlei Einkaufstaschen, um Atem ringend und mit beschlagenen Brillengläsern kämpfend, dafür sorgen, dass ich diese Maske auf gar keinen Fall mit nicht desinfizierten Fingern berühre? Ganz abgesehen davon, dass ich dazu neige, mir die Maske jederzeit vom Gesicht zu reißen, wenn mein Gemüseverkäufer mich mal wieder völlig verständnislos anschaut, weil ich irgendwas Unverständliches in diesen Stofffetzen genuschelt habe. Und wo ist der richtige Aufbewahrungsort für die Maske? Bei mir wandert das Ding abwechselnd von Handtasche in den Einkaufskorb und zurück. Ich versuche, das Ding nur an den Gummibändern anzufassen, sobald ich mal Geld mit dem Verkäufer getauscht habe. Aber hey: Bei einer Untersuchung auf Keime hätte ich sicher keine Chance. – Ich hab mir die Meinung von einigen Freunden eingeholt. Keiner weiß, wie das gehen soll. Aber wir geben uns alle Mühe.

Menschen, deren Maske am frühen Morgen, wenn ich meine Jogging-Runde drehe, vom Rückspiegel im Auto baumelt wie ein vergessenes Stück Wäsche, sind mir sympathisch. Es bringt mich zum Lächeln. Genau so handhabe ich das auch. Eine Maske im Auto, eine in der Handtasche, die ich schon deshalb nicht mehr wechsle, weil es zur Zeit eh egal ist, wenn ich eh ewig nur noch in Jeans und T-Shirt rausgehe. Eine Maske in der Einkaufstasche. – Ach ja, hin und wieder landet auch eine Maske in der Wäsche. Ich habe, wie gesagt, genug zum Wechseln. Ich denke, ich werde in meinem Kleiderschrank jetzt ein extra Fach einrichten. Gleich neben der Unterwäsche. So ein bisschen was hat solch eine Maske schließlich auch mit Intimität zu tun.

Wenn mein Blick beim Einkaufen und geduldigen Anstehen vor den Geschäften durch die Fußgängerzone streift, versuche ich mir das Gesicht der Menschen hinter der Maske vorzustellen. Das funktioniert am allerbesten, wenn die Menschen eine  selbstgenähte Schutzbekleidung tragen. Und davon gibt es genügend, denn Masken sind zwar mittlerweile bisweilen erhältlich, aber auch teuer. Die einen mögen es im Dschungel-Look, manche lieben es (klein-)kariert, die anderen haben ein altes ausgeleiertes weißes T-Shirt geopfert, manche die alte Bettwäsche oder irgendwelche Geschirrtücher auseinandergeschnitten. Dagegen sind meine Selbstgenähten reiner Luxus. Mein Trend und Lieblingsmundschutz derzeit: eine blaue Maske mit aufgestickter Jakobsmuschel. Alternativ habe ich noch weitere selbstgenähte Masken, eine davon aus einem afrikanischen Stoff, den mir meine Freundin Fabienne genäht hat. Auch sehr apart. Die medizinische Maske spare ich lieber auf, wenn ich neutral unterwegs sein will. Aber das hat sich bislang aufgrund der Home Office-Maßnahmen noch nicht wirklich ergeben. Dennoch: Zum Vorstellungsgespräch würde ich aktuell nur mit neutraler Maske gehen. Es sei denn, ich bewerbe mich auf eine Stelle, für die es Sinn macht, Farbe zu bekennen.

Das wäre doch mal ein Thema für alle, die wichtige Gespräche persönlich führen müssen, zum Beispiel besagte Bewerbungsgespräche. Welche Maske trage ich bei welchem künftigen Arbeitgeber? Wie sorge ich für die deutliche Aussprache hinter derselben? Und wie finde ich als künftiger Arbeitgeber heraus, ob derjenige auf dem Bewerbungsfoto tatsächlich der ist, mit dem ich mich unterhalten habe. Fragen über Fragen. Ich schätze, wir haben jetzt einiges neu zu lernen.

Aktuell versuche ich mein iPhone bei Gebrauch im öffentlichen Raum darauf zu trainieren, dass es mich auch mit Maske erkennt. Ich schätze, da haben die Leute von Apple bald was im Angebot.

1 Kommentar

  1. Liebe Katja,
    vielen Dank für Deinen tollen blog! Ich habe ihn am Wochenende entdeckt und mit viel Freude gelesen. Wir haben uns vor einiger Zeit bei Fabienne getroffen und Du hast mir von Deinen Erfahrungen mit den Jakobswegen erzählt. Ich bin nicht nach Spanien gereist und verbringe meine Zeit zu Hause. Ich bin glücklich, dass ich zur Zeit nicht arbeiten muss, und traurig darüber, dass ich dieses Jahr nicht auf dem Jakobsweg unterwegs sein werde. Jetzt bin ich auf anderen und oft auch neuen Wegen viel zu Fuß oder auf dem Rad rund um Frankfurt unterwegs und immerhin, auf der Hohen Straße habe ich die Strahlenmuschel entdeckt, mit dem Hinweis, dass dort eine Etappe des Jakobsweges verläuft, große Freude! Ich habe das Gefühl, dass sich unser Kontakt zueinander gerade sehr verändert. Trotz sozialer Distanz leben wir alle, jeder und jede, mit der gleichen Situation und dadurch entstehen viele schöne Begegnungen und die Hilfsbereitschaft ist groß, zumindest da wünsche ich mir, dass es so bleibt. Vielleicht ist es gerade die Aufgabe, zu Hause das zu finden, was ich sonst auf Reisen suche, wer weiß….Danke auch für Deinen Tip mit dem Café del castillo in Oberursel. Ich bin eine große cortado Liebhaberin und ich bin mir sicher, dass ich den dort bekommen werde :). Ich wünsche Dir weiterhin eine anregende Zeit und freue mich, von Dir zu lesen.
    Viele Grüße von Bettina

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