Tag 8: Oviedo- San Juan de Villapanada (33km)
Der Weg aus Oviedo hinaus ins Freie ist leicht zu finden. Ein Tag Pause, und meine Beine und Füße fühlen sich die wieder völlig leicht an. Die schweren Gedanken on gestern haben sich verflüchtigt.
Eine Vogel kreuzt meinen Weg als Fußgänger. Der arme Kerl kann nicht mehr fliegen und hüpft halb wahnsinnig vor Angst vor mir her. Ich hoffe, er kommt irgendwann auf die Idee, sich im Gras zu verstecken. Endlich komme ich an ihm vorbei und nehme noch wahr, wie das kleine Kerlchen zitternd am Wegesrand sitzt. Eine andere Form der Flucht als die, wegzufliegen, kennt er eben nicht. Das erinnert mich an meine eigenen Fluchtgedanken von gestern Abend. Ich entschließe mich, fortan ein wenig kreativer zu sein, wenn ich auf Schwierigkeiten stoße.
Kurz hinter meinem ersten Etappenziel, L‘Esclampero, mache ich eine kurze Snackpause. Plötzlich höre ich Stimmen von dem ansonsten sehr menschenleeren Weg. Ich drehe mich um und glaube es kaum: Leo, meine holländische Bekanntschaft vom ersten Tag auf dem Norte kommt des Wegs gemeinsam mit dem Spanier Ramon, der heute den ersten Tag auf seinem ersten Camino unterwegs ist.
Ich freue mich sehr über dieses unverhoffte Treffen. Leo ist in Le APIs gestartet und seit sechs Wochen unterwegs. Zeit genug, um all die Streiche, die einem der eigene Verstand spielt, hinter sich zu lassen. Leo strahlt einfach die ganze Zeit.
Ich gestehe ihm, dass ich die Pilger zähle, die ich unterwegs treffe, um einzuschätzen, ob ich einen Platz in der Herberge in San Juan de Villapanada ergattere. Er lacht mich nur aus: „Your mind is still at work.“ Damit trifft er den Nagel auf den Kopf.
In Grado, vier Kilometer vor der Albergue und San Juan de Villapanada muss ich mich entscheiden. Entweder in der überfüllten Kleinstadt bleiben, die mich gar nicht anspricht, oder aber Essen einkaufen und den Proviant fünf Kilometer den Berg hinauf zur Selbstversorger-Albergue von Domingo hinaufschleppen. Während ich meinen Weg suche, hält ein Auto neben mir: „A donde vas?“ – Wohin gehst Du. Ich sage, dass ich nach San Juan will. Es stellt sich heraus, dass der mich da gerade nach meinem Weg fragt, Domingo himself ist, der Hospitalero. Welch ein Zufall! Ich bitte ihn, mir einen Platz freizuhalten und fühle mich nun in der Sicherheit, dass ich dort oben unterkomme.
Erst oben stelle ich fest, dass Domingo die Betten gar nicht zuteilt und schon gar nicht reserviert, sondern die Pilger sich in der Reihenfolge ihres Eintreffens selbst bedienen.
Und was lerne ich daraus: Ob ich mir nun Sorgen mache oder nicht. Am Ende finde ich doch immer einen Platz zum Schlafen.