Es geht wieder los. Bald suche ich wieder das Weite. Oder besser gesagt: Ich suche die Weite. Es zieht mich hinaus in den weiten Raum, auf der Suche nach … ja, wonach eigentlich?
Jedesmal, bevor ich mich auf den Weg vorbereite, ergreift mich eine undeutliche Sehnsucht. Sie ist nicht immer genau zu beschreiben, und ich mache auch gar nicht mehr den Versuch, mir von vornherein beim Pilgern ein klares Ziel zu stecken. – Natürlich: Das physische Ziel steht fest. In zehn Tagen zum Beispiel werde ich auf dem Lutherweg von Alsfeld nach Bad Hersfeld gehen und im Juni dann auf dem Camino in Spanien unterwegs sein. Doch was mich wirklich zieht und wohin die Reise geht, ist zu diesem Zeitpunkt nur ein undeutliches Gefühl.
Ich möchte offen bleiben für das, was der Weg für mich bereithält. Eine Ahnung habe ich davon, dass ich den Raum ergründen möchte, der mir in meinem Alltag zur Verfügung steht. Denn meine persönliche Absichtserklärung für dieses Jahr, die als Überschrift über allen Vorhaben steht, ist: „Ich nehme mir den Raum.“. – Nun erlebe ich im eng getakteten Alltag häufig eine Enge, die so gar nicht dazu passen möchte. Bevor ich losgehen kann muss ich noch allerhand Pflichten abarbeiten, die Dinge regeln und Ordnung schaffen. Manchmal rauben der arbeitsreiche Alltag und die vielen Sehnsuchtsprojekte mir fast den Atem.
Doch weil ich den Weg der Pilgerin kenne, erlebe ich diese Wahrnehmung nicht als Scheitern. Sie ist ein Teil des Weges, der lange beginnt, bevor ich meine Rucksack aufsetze und den ersten Schritt gehe.