Auf einmal bin ich mittendrin

Ich gebe zu, in den vergangenen drei Wochen bin ich ein wenig lauffaul geworden. Das mag mit den vielen Vorbereitungen für meinen nächsten Camino zu tun haben. Ich hatte noch einige Projekte abzuschließen. Doch dieses Wochenende war völlig frei. Und trotzdem wollte ich nicht raus. Temperaturen um die 30 Grad Celsius sind einfach nicht ideal zum Wandern. Und da hilft es wenig, dass es in Spanien vermutlich auch nicht kühler sein wird. – Obwohl: Wenn ich so auf den Wetterradar schaue, frage ich mich, ob es überhaupt nötig sein wird, Sonnencreme einzupacken. Regen in Santander, Regen in Oviedo, Regen in Burgos. Und zwar nicht nur für einen Tag.

Aber zurück zur Hitze in Frankfurt und Umgebung. Manchmal braucht es nur ein kleines Wort, das als Inspiration dient. Und diese Inspiration wurde mir gestern von meinem Camino-Freund Keith aus Texas geliefert. Er schickte mir ein Bild von einer überraschend grünen Umgebung in Texas, nicht ohne zu erwähnen, dass er von dem Knirschen unter seinen Schuhsohlen beim Abendspaziergang angefixt wäre. Das Hervorrufen dieser Erinnerung hat mich heute auf den Weg gebracht.

Gleich am frühen Morgen bin ich losgelaufen, von der Haustür weg. Ohne irgendein Ziel als nur das, die Stille zu erleben, die Dir bewusst wird, wenn Du das vertraute Knirschen wahrnimmst, das leise Trappeln auf dem Waldboden, das Schleifen unter den Asphaltwegen, auf denen der Schritt in Wanderschuhen irgendwie unkoordiniert wird und immer wieder stockt. Das Flüstern des Windes in den Baumwipfeln, das Murmeln des nahe gelegenen Baches und das Streichen der Brise über das wogende Meer aus Getreidefeldern.

Und auf einmal war ich mitten auf dem Camino. Mittendrin im Dasein, im Hier und Jetzt. Die Sonne im Rücken, vor mir den eigenen Schatten, ohne dass ich meine Schritte bewusst in Richtung Westen gelenkt hätte. Es scheint als hätte ich bei der langen Pilgerreise auf dem Camino Frances diese Bewegungsrichtung so sehr verinnerlicht, dass die Schritte ganz automatisch gelenkt werden. Zumindest, solange ich kein festes Ziel habe und offen bin für alles, was sich zeigen mag.

Meinem Schatten zu folgen hat mich heute früh glücklich gemacht.

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