Vor fünf Wochen habe ich mir ein Herz gefasst und meinen guten alten Trekking-Rucksack auf Ebay eingestellt. Um es vorsichtig auszudrücken: Ich trenne mich nicht leichtfertig von Bewährtem. Aber satte 2.7 Kilogramm Eigengewicht sind ein überzeugendes Argument. ‚Kannst es ja wenigstens mal probieren!‘, dachte ich mir anfangs. Und: ‚Nein sagen kannst Du immer noch!‘ Insgeheim habe ich natürlich gehofft, dass sich sowieso niemand für das alte Stück interessiert.
Gestern hat sich, völlig unerwartet, aber lang befürchtet, eine Interessentin auf mein Angebot gemeldet. Für einen Moment war ich versucht, die Mail mit einem Fingerstrich aus meinem Email-Eingang zu löschen. Einfach so zu tun, als hätte ich die Anfrage nicht gesehen. Völlig irrational! Ich habe längst ein neues, kleineres und viel leichteres Backpack für meinen nächsten Camino. Und der alte nimmt ohnehin viel zu viel Platz ein.
Aber ich hänge an dem alten Rucksack: Er begleitet mich seit meinem ersten Camino im Jahr 2003. In dem Jahr bin ich von St.-Jean-Pied-de-Port nach Castrojeriz gegangen. Ich habe ihn durch Deutschland getragen, durch Frankreich, durch Spanien. Er ist mir ans Herz gewachsen und zum Freund geworden.
Die Idee, meinen alten „Freund“ zurückzulassen, war mir schon auf dem Camino Francés im vergangenen Jahr gekommen. Ich hab’s nicht übers Herz gebracht. Und ganz ehrlich: Irgendwann, nach etwa zehn Tagen und dem Zurücklassen von etwa einem Kilo Ballast, war es mir lieber, den Rucksack weiter durch Spanien zu tragen, als mich dem emotionalen Stress eines Abschieds – wenn auch nur von einem Rucksack (!) – auszusetzen. – Manch einer mag jetzt einwerfen, dass ich maßlos übertreibe. Aber diejenigen, die jemals für eine Zeitlang nur mit dem Allernotwendigsten auskommen mussten, können nachvollziehen, wie sehr man auf manches emotional reagiert, dem man unter alltäglichen Bedingungen keinerlei Beachtung schenken würde.
Um es kurz zu machen: Ich habe meinen alten Rucksack weggegeben. Nach allem, was ich auf dem Camino im vergangenen Jahr losgelassen habe, war es an der Zeit, auch diese Last abzuwerfen.
Die Freude und die strahlenden Augen seiner neuen Besitzerin sind mir eine große Bereicherung.