Tag 20: Hospital de Órbigo – Murias de Rechivaldo (11.06.2017)

Heute gibt es zum Frühstück dunkles Brot, Müsli und eine reichhaltige Auswahl an verschiedensten veganen Milchsorten: Soja, Mandel, Hafer, Reis – alles, was das Herz begehrt. Dazu Kaffee und Tee nach Herzenslust. Alles gegen Spende. Danach fliege ich zum Gartentor hinaus in Richtung Astorga und weiter.

In einem der nächsten Dörfer wummern laute Bässe aus überdimensionierten Lautsprechern. Ich biege um die Ecke. Das Straßenfest ist noch im Gange, ein paar junge Leute feiern, während die Verantwortlichen sich beim Aufräumen durch die laute Musik in Stimmung bringen. Wer hier für die Nacht gestrandet ist, hat mit Sicherheit kein Auge zugetan.

Die Landschaft zeigt sich wieder ein wenig abwechslungsreicher. Der Weg führt mich über eine Hochebene geradewegs zu einer Oase mit frischem Obst, Yogi-Tee, Wasser und Kaffee.

All das hat David hier aufgebaut und bietet es gegen Spende an mit der Aufforderung, dass man nur etwas geben sollte, wenn man es gerne tut. Ich frage mich, ob er im Sommer hier lebt. Es gibt einen Schlafplatz, vielleicht auch eine Meditationsecke. Wirkt alles irgendwie wohnlich auf mich.

Davids Angebot ist nicht das einzige Geschenk des Tages. Ein paar Kilometer vor Astorga gibt es ein Ständchen für die Pilgerin. Ich bin sehr berührt.

Astorga ist am Sonntag wie ausgestorben. Ich sehe kaum einen Menschen auf der Straße, es ist aber auch erst zehn Uhr morgens. Das Schokoladenmuseum ist leider geschlossen. Schade. Ich hätte Zeit gehabt, für heute habe ich ja nur zweiundzwanzig Kilometer auf dem Zettel. Dafür finde ich einen Laden mit einigen Köstlichkeiten aus Schokolade. Ich überlege nicht lange und greife zu. Mal sehen, wie weit ich bei der Hitze mit der Schokolade komme.

Die Kathedrale kann ich im Moment auch nicht besichtigen. Die Stadt wirkt heute in ihrer sonntäglichen Stille abweisend auf mich. Das will so gar nicht zu meinem Innenleben passen. Als ich zum ersten Mal hier war, konnte man kaum einen Sitzplatz in einem der vielen Bars und Restaurants ergattern. Heute hält mich hier nichts. Noch vor Mittag erreiche ich Murias de Rechivaldo, wo ich für heute bleiben möchte.

Die Albergue Las Aguedas am Ende des Ortes hat einen schattigen Innenhof, der mit meditativer, klassischer Musik bespielt wird. Es stellt sich heraus, dass es in der Herberge auch bald ein Yoga-Angebot geben soll. Die Matten sind schon da. Einer der Schlafsäale soll in zwei Wochen ausgeräumt und zum Yoga-Raum umfunktioniert werden. Wo schon mal Matten da sind, unterrichte ich am Abend noch eine Yogastunde im Garten.

In der Dorfbar bekomme ich einen anständigen Gunpowder-Tee serviert. Dort treffe ich auch einen Bayern, der barfuß unterwegs ist. Unglaublich. Die beiden aus Konstanz machen hier auch gerade eine kurze Pause und sehen ein wenig mitgenommen aus. Sie wollen weitergehen. Ich werde sie nicht mehr wiedersehen. Leider. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich es noch nicht, sonst hätte ich Ihnen meine E-Mail-Adresse gegeben. Er ist sehr aufgeschlossen für alles Neue, sie eher ein bisschen verhalten und doch sympathisch. Zusammen ergänzen Sie sich in dieser Hinsicht wunderbar.

Ich ziehe heute kurz Resümee. Die Meseta liegt hinter mir. Die Zeit der inneren Einkehr ist vorbei. Die Landschaft ist sehr viel abwechslungsreicher. Morgen geht es in die Berge, hinauf zum Cruz de Ferro, wo die Pilger einen Stein niederlegen als Symbol für die Last, die sie auf dem Weg hinter sich lassen.

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