Mein Camino-Freund Keith aus Texas hat mir neulich beschrieben, wie er sich auf den Jakobsweg dieses Jahr vorbereitet. Texas ist ja nicht so gesegnet mit Mittelgebirgen wie wir das hierzulande sind. Deshalb trainiert er das Bergauflaufen jetzt auf dem Laufband. Seine Bemühungen werden selbstverständlich begleitet von Muskelkater in den Waden und im Gesäßmuskel. „Irgendwie“, so meinte Keith neulich, „fühlt sich das gut an.“ Eine Bemerkung, der er direkt hinterherschob, dass das wohl ein bisschen seltsam sei, sich über Schmerzen zu freuen.
Ich wusste sofort, was er meint. Gerade Muskelkater im großen Po-Muskel fühlt sich für mich immer irgendwie „sexy“ an. Und ich kann auf Anhieb fünf Leute aus meiner Umgebung aufzählen, die das auch schon mal bemerkt haben. Ein gut trainierter Gluteus macht ja auch ein schönes Hinterteil. Von den Waden ganz zu schweigen. DJ Ötzi hat’s nicht erfunden, aber durchaus auch bemerkt: „Meine superschlanken Wadln san a Wahnsinn für die Madln.“ Runde Formen in besagten Körperteilen sind tatsächlich ein Hingucker.
Irgendwie hat mich das Thema nicht mehr losgelassen. Warum ist das wohl so? Ich hab dazu so eine Art Theorie.
Der Musculus gluteus maximus (zu Deutsch: großer Gesäßmusklel) ist der größte Muskel des Menschen und auch einer unserer kräftigsten. Der sorgt dafür, dass wir gut aufrecht gehen können, er stabilisiert den Oberschenkel und unterstützt die Streckung des Oberkörpers aus der Beugestellung, will heißen: Er hilft uns beim Treppensteigen und auch dabei, unseren Allerwertesten aus dem bequemen Sessel zu heben, um uns auf den Weg zu machen. Und wer würde behaupten, dass er nicht belohnt worden wäre, wenn ihm das mal gelungen ist.
Aus yogischer Sicht drängt sich durch den Sitz des Gluteus in der Höhe des Beckens und die Wirkung des Muskels auf das Hüftgelenk eine Verbindung mit der subtilen Region des Körpers auf, die in Verbindung steht mit unserer Kreativität, mit Sexualität und Lebensfreude und damit, im Fluss zu sein.
Ich für meinen Teil kenne das angenehme Gefühl beim Bergauflaufen und beim Treppensteigen, dass ich hinterher irgendwie gerader auftrete und mich entschlossener und aufrecht nach vorne bewege. Und dass ich mich einfach vital fühle. Damit hebt sich dann auch meine Stimmung. Zumindest dann, wenn sich der Gluteus nicht überfordert fühlt. Ich werde das mal weiter beobachten. Zum Beispiel beim Treppensteigen von der Tiefgarage in den fünften Stock unseres Büros morgen früh.
Nicht auszudenken, wenn die gefühlt 90% aller Berufstätigen, die miesepetrig jeden Montagmorgen das Büro betreten, statt des Aufzugs die Treppen nähmen! Man sähe vielleicht in ein paar glücklichere Gesichter.