Wir sind alle ein bisschen „gleicher“ geworden.

Allmählich erfährt das öffentliche Leben wieder ein paar Lockerungen. Sogar von Grenzöffnungen ist die Rede. Seit gestern dürfen wir in Hessen auch wieder im Café sitzen. Mit entsprechendem Abstand. Jeder, der sich bei Sonnenschein auf eine Café-Terrasse setzt, muss einen Zettel ausfüllen mit Namen und Anschrift und den dazugehörigen Besuchszeiten. Normalität sieht anders aus.

Ich habe das Gefühl, dass die Menschen trotz – oder gerade wegen – der Kontaktsperre in den vergangenen Wochen sehr viel offener geworden sind, aufmerksamer und zugewandter. Draußen auf der Straße enstehen mehr spontane Gespräche, auch wenn die Masken nicht gerade hilfreich für eine gute Verständigung sind. Was mich vor allem fasziniert ist, dass wir alle uns in den letzten Wochen angeglichen haben. Ähnlich wie auf dem Camino, wo wir alle unterwegs sind zum selben Ziel und jeder die gleichen Grundbedürfnisse hat. Wo es nicht zählt, woher du kommst, womit du zu Hause deine Brötchen verdienst und was du dir leisten kannst.

Im aktuellen Alltag ist es vollkommen egal, welche Urlaubsreisen du dir leisten kannst, ob du in den Ferien nach Übersee fährst oder im Bayerischen Wald urlaubst, ob du zeltest oder im Luxushotel unterkommst. Ohnehin kommt keiner hier raus. Jedenfalls jetzt noch nicht. Geschweige denn nach Übersee. Das scheint irgendwie zusammenzuschweißen. Arbeiten, Essen, Gemeinschaft, Schlafen. Das ist es, was wir brauchen. Wir sind alle ein bisschen „gleicher“ geworden.

Neulich sprang mich auf Facebook ein Foto an, das jemand von einer Plakatwand gemacht hatte. Dieses Plakat forderte, sinngemäß, dazu auf, die Kontaktsperre nicht als das „Ende der Welt“ zu betrachten, sondern eher als „Liebe in Aktion“.

Sofort erinnerte ich mich an dieses Foto, das ich an einem verzweifelten Morgen auf dem Camino Primitivo kurz hinter Lugo gemacht habe. An diesem Tag war tobten in mir Gefühle von Verlust und Einsamkeit.

Dieses Facebook-Foto hat mich sehr berührt, denn es hat mich einmal wieder daran erinnert, dass in jedem Unglück auch etwas Gutes liegt, dass das ganze Universum in jedem einzelnen Moment zu finden ist. Die Tatsache, dass wir alle, weltumspannend, in dieser Situation und nach unseren Möglichkeiten bestrebt sind, das Coronavirus nicht weiter zu verbreiten, zeigt doch eines: Wir alle hier auf diesem Planeten sind gleich. Wir alle haben ein gutes Herz. Wir alle wollen nur Wohlstand, Frieden und Gesundheit.

Ich hoffe, wir können uns etwas davon bewahren.

 

1 Kommentar

  1. Ich finde deinen Beitrag sehr inspirierend. Gestern gingen mit ähnliche Gedanken durch den Kopf. Ich empfinde viele Menschen gerade offener und zugewandter als ich sie vorher bekannt habe.

    Den Schluss deines Artikels will ich aber nicht so bestätigen. Alle sind nicht am Wohl von Allen interessiert. Es gibt auch genügend Leute, die vor allem ihr eigenes Wohl im Blick haben oder das ihrer eigenen Gruppierung.

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